Bei den Schlösslebauern
Es war Sonntag, da sah ich die Zukunft
in einem Loch voll Staub. Heran und hinein bat man die Städter,
heran und hinab in den Sandkasten, den Kulturkrater des
Humboldtforums. Das Berliner Stadtschloss vorausahnen – eine
Bürgerpflicht. Man muss erlebt haben – was noch nicht ist.
Wann wenn nicht jetzt, da sich einen
Tag lang Lücken finden in Bretterzäune und sonst verharkten
Gattern. Wenn Musikanten schale Vorfreude ausposaunen. Wenn Bauherren
behelmt mit Plänen wedeln. Es werde Schloss, mussten sie lavieren.
Jetzt wissen sie: Es wird.
Leute nehmen kostenlose Gazetten, die
Sie nicht kaufen würden, trinken kostenlos Getränke, von denen die
Ärzte warnen. Doch die roten Brausezylinder sind nun kleiner. In
kleinen Portionen findet manch Unbekömmliches seinen Weg.
Heute lassen sich auch Widerwillige von
etwas überreden, das die Mehrheit nicht will. Also nun: Hoch die
Kameras, Schärfe legen auf Sandhaufen, auf die Kuhle, so lange
nichts in ihr steckt, als das Bisschen frisch gegossener Beton,
Baumaschinen in tatendrängerischen Posen, Gräten aus Stahl. Ja, und
die Trümmer dessen, was da vorher stand.
Ob das hier bleiben soll? „Aber nein,
das kommt weg“, meldet ein Behelmter. Es sind viele Helm- und
Hemdenträger hier, keine Bauarbeiter, gar niemand, der etwas
einzuwenden hätte, wenn ein Helmträger spricht. Windböen treiben
Staub in die Augen, lassen Hände zu Schotten werden. Zeigefinger
gehen in alle Richtungen. Man erklärt sich diesen seltsamen,
schwindenden Anblick. Schau an – hier ist nichts. Schau hin –
hier findet Fortschritt statt. Viele nicken. Lächeln dankbar.
Fortschrittsglaube, das ist die
Überzeugung, dass man sich bewegen muss – egal in welche Richtung.

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