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Sonntag, 2. April 2017
Montag, 25. März 2013
Leere in Weiß
Nichts wächst über Distelhöhe,
nichts Gebautes im Oval. Das Tempelhofer Feld ist stadtumschlungene
Leere, Luftbrücke ohne Abhub, Kriegsrest, Nachkriegsvermächtnis,
das größte Nichts dieser Stadt. Und jetzt schläft auf dem Feld das
Weiß, zu knöchelhoher, harscher Dicke geschichtet. Als Beerdigung
des Asphalts, der Alliiertenfliegern Boden gab. Nur wenige schmale
Wege sind freigeschaufelt. Schneisen auf einem Flugplatz, an dem nun
alles irdisch ist – oder höchstens noch aufstrebt, ohne
wegzukönnen, so wie die rasenden Drachen mit ihren bunten Leibern an
steifen Leinen.
Von vorne schneidet Ostwind, malt
Menschen rote Haut, macht Schmerzen mit unsichtbaren Spitzen. Drehe
ich mich um, sticht der Sonnenschein von oben und unten. So
wolkenvertrieben. So Weiß.
„Wenn wir noch ein Stückchen gehen,
erreichen wir die Antarktis“, verspricht ein Vater dem Sohn; seine
fernen Worte trägt der Wind an mich heran. „Aber der Rückweg wird
weit“, erwidert der Junge, von der Briese an mich stenografiert.
Gleichwohl geht er mit dem Vater weiter ins Innere des Nichts. Dorthin,
wo die Winde Wakeboarder schneller zu ziehen vermögen, als ein
Skifahrer folgen kann. Wo eine Frau mit Fahrrad im Tiefschnee stecken
blieb. Auch sie wollte ohne erkennbaren Grund ins Innere des – nachdem sie auf der freigeräumten Gasse gegen den Wind getreten
hatte, als führe sie am Berg. Und nun hier, im Zentrum. Die alte
Radarkuppel ist verzweifelnd weit.
Die Gasse, von der sie abkam, zieht
sich durch den kleinen Kontinent, dient geradlinigeren
Menschen in ihren Kutten als Zubringer von einem Teil der Stadt in
die andere. Wer hier durch will, will Ostwind, Stiche, will
Nichts, will Leere, will nicht schnell ans Ziel – wenigstens für
eine halbe Stunde. Dann landet man erneut in Berlin.
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